Profi-Club mit Gemeinwesenhaftung?
Die Problemlage ist komplex
– die Entscheidung schwierig – die Folgen schwer abzuschätzen. Mögen sachliche Argumente diejenigen in der
Bürgerschaft bestärken, die sich nicht dem Druck der gepeinigten Hansa-Anhänger
automatisch beugen wollen. Es ist schon beachtlich mit welchen – fast schon
erpresserischen - Attacken der Profi-Club Hansa Rostock mit allen Mitteln versucht, der
Bürgerschaft die Verantwortung aufzunacken, die sie selbst an manch anderer
Stelle vermissen ließ.
Es gilt zu bedenken, dass im
Falle einer Bewilligung der benötigten Gelder, unter Umständen eine endlose Kette
von Folgeanträgen zu erwarten ist. Die Bürgerschaft wird regelmäßig in
dieselben Gewissensnöte geraten und muss zeitgleich anderen – GEMEINNÜTZIGEN -
Bedarfen und Vorhaben eine Vielzahl von schmerzhaften Absagen erteilen. Dies zu
rechtfertigen dürfte schwerer fallen, als eine begründbare
Vernunft-Entscheidung im Fall Hansa. Der Profi-Club vermischt in seinen Apellen
schamlos sämtliche Bereiche, die er an anderer Stelle aus Profitgründen
säuberlich voneinander trennt (Profi-Club, Nachwuchsbereich, Ehrenamt,
Fan-Kultur, Wirtschaft, Öffentlichkeit, einheimische und auswärtige Zuschauer,
Bevölkerung) und schafft so eine emotionale Gemengelage, die letztlich vor
allem dem Profibereich (Wirtschaftsunternehmen mit Gemeinwesenhaftung?) dienen
soll.
Schon jetzt bindet der Proficlub
in der Region Spendenkapazitäten in Größenordnungen, die so für den
Breitensport und andere gemeinnützige Projekte nicht mehr verfügbar sind. Denn durch das Fehlen von Großsponsoren
weidet Hansa auf dem Feld der Klein- und mittelgroßen Sponsoren. Die
Sicherheitsmaßnahmen der Polizei verschlingen Unsummen an öffentlichen Geldern.
Ganz zu schweigen davon, dass Fans und Sportfreunde unumwunden um Ihr „letztes
Hemd“ gebeten werden, wenn Geld für den opulenten Profi-Zirkus fehlt. Derweil
haben sich die angestellten Athleten bereits innerlich wie auch vertraglich
emotionslos verabschiedet, um Ihren Sold andernorts zu „verdienen“. An
dieser Stelle dürften sich die multipel zur Kasse gebetenen Fans und Zuschauer
(Eintrittskarten, Mitgliedsbeiträge, Fanartikel, Park- und Strafgelder,
Fernsehrechte bzw. Gebühren, Steuern, Werbung...) mit Recht verlassen fühlen.
Stattdessen wird der Bürgerschaft der schwarze Peter zugeschoben und die
finanzielle Verantwortung dem Gemeinwesen aufgedrängt. Unterstützung darf dehalb keinesfalls ohne Rückzahlung bzw. ohne Gegenleistung gewährt werden.
Das ursprüngliche
„Ostsee-Stadion“ heißt jetzt übrigens bezeichnenderweise „DKB-Arena“. Handelt
es sich unter’m Strich etwa auch um Bankenrettung im neuen Kleid?
Hansa als Image-Träger für die
Stadt und als Vorbild für Kinder und Jugendliche wird diesem Anspruch leider
immer weniger gerecht – wenn wir von positivem Image reden. Ob die
wirtschaftlichen Push-up-Effekte tatsächlich existierten und vor allem
zukünftig zu erwarten sind, darf zumindest bezweifelt werden. Ein definitiv
unterklassig spielender Fussballclub dürfte so deutlich an Attraktivität
verlieren, dass sich die Finanzspritzen nicht automatisch positiv für das
Gemeinwesen auszahlen werden. Und nur Letzteres hat im Mittelpunkt des
Interesses zu stehen.
Deshalb:
Ja zum ehrlichen Sport! Ja zu
Hansa mit einem ordentlichen Neuanfang! – Nein zu Steuergeldverschwendung!
meint:
Katrin Schankin (privat)
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Name
Katrin Schankin
Beschreibung
Jugendkoordinatorin beim Rostocker Stadtjugendring e.V.
Der Rostocker Stadtjugendring e.V. ist die jugendpolitische Interessenvertretung der Kinder und Jugendlichen in Rostock und Dachverband von derzeit 28 Mitgliedsvereinen und -verbänden, die Jugendarbeit in Rostock machen. Wir sind mit Sitz und Stimme im Jugendhilfeausschuss vertreten und arbeiten aktiv im mit Bündnis freier Träger. Als Mitglied der Bürgerinitiative Bunt statt braun e.V. setzen wir uns für eine friedliche, weltoffene und demokratische Gesellschaft ein. Wir wünschen uns eine Hansestadt Rostock, in der die Menschen gern und aufgeschlossen miteinander leben und deren Stadtgesellschaft sie aktiv mitgestalten können.
Webseite
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Kontaktdaten
Rostocker Stadtjugendring e.V.
Katrin Schankin
Kuphalstraße 77
18069 Rostock
Tel.: 0381 8099496
Fax: 0381 8002972
Mail: inforsjr [dot] de
www.rsjr.de
Kommentare
Profi-Club mit Gemeinwesenhaftung?
Steffen Bockhahn, Bundestagsabgeordneter Die Linke, formulierte
am 26. April 2012 auf seiner Hompage www.bockhahn.de
seine Meinung „Zur Lage des FC Hansa“, die hier mit seiner Zustimmung
übernommen wird.
"Der FC Hansa Rostock gehört zur Stadt, zum Land
Mecklenburg-Vorpommern und zu Ostdeutschland. Er ist ein ostdeutscher
Traditionsverein und eine der bekanntesten Marken im Osten. Für viele Menschen
ist er Identität, Hoffnung und manchmal sogar Lebensinhalt. Und er ist in der
schwersten Krise seiner Geschichte. Die Ursachen dafür sind vielfältig. Die
Fehler müssen genau analysiert werden und daraus müssen Schlussfolgerungen
gezogen werden. Wie ist die aktuelle Lage?
Durch ein abschließendes Urteil des Bundesfinanzhofes muss der
Verein nun 4,5 Millionen Euro Steuern bis Mitte Juni nachzahlen. Dieses Geld
hat der Verein zurzeit nicht. Zweifelsfrei ist das ein Versagen der
Verantwortlichen des FC Hansa, die nicht die entsprechende Vorsorge in den
letzten Jahren getroffen haben.
Nun soll dem Verein auch durch einen Verzicht der Gläubiger
des Vereins geholfen werden. Das bedeutet, dass zwei Banken auf knapp 40
Prozent ihrer Forderungen verzichten. Zudem erlassen das Land
Mecklenburg-Vorpommern und die Hansestadt Rostock in gleicher Höhe Steuern, die
der Verein zu zahlen hätte. Mehr als diese Summe ist rechtlich nicht möglich.
Zudem soll die Hansestadt Rostock noch weiteres leisten. In Evershagen soll ein
Sportplatz übernommen werden, für den 530.000 Euro an den Verein gezahlt
werden. Hierbei handelt es sich um ein Entgegenkommen der Stadt, da sie den
Platz eigentlich nicht selbst braucht. Es gibt Nutzungsvereinbarungen, die den
Platz auch für andere offen halten. Künftig wird die Stadt den Platz betreiben
und dann auch die Kosten für den Unterhalt zu tragen haben. Um den Platz kaufen
zu können, wird der Eigenbetrieb weitere Kredite aufnehmen müssen. Da die Stadt
ohnehin hoch verschuldet ist, wird das eine enorme Belastung sein. Um etwas
Unterstützung zu geben, hat das Land sich entschlossen, bei anderen
Investitionsprojekten durch Förderungen zu helfen. Jedoch entsteht auf diese
Weise keine Liquidität im Haushalt der Stadt. Warum das wichtig ist, dazu
gleich mehr. Es bleibt, dass wir mehr Kredite aufnehmen dürfen, um den Platz zu
kaufen und so 530.000 Euro an Hansa zu zahlen.
Darüber hinaus wird von der Stadt erwartet, weitere ca. 1,6
Millionen Euro, die der Verein an Steuern zu zahlen hat, vorerst nicht
einzufordern. Zusätzlich sollen 750.000 Euro in bar an den FC Hansa aus dem
laufenden Haushalt der Stadt gezahlt werden. Der ist nun wahrlich schon sehr
auf Kante genäht. Die Zahlung an Hansa war nicht vorgesehen und ist daher nicht
geplant. Es gibt keine frei verfügbaren Mittel, die einfach so genommen und
überwiesen werden könnten. Hier begegnet uns das Problem von vorhin wieder.
Würden wir durch die Zuweisungen des Landes bares Geld im Eigenbetrieb frei
bekommen, das wir über den Haushalt der Stadt an den Verein geben könnten, wäre
es kein Problem. Doch so ist es eben nicht.
Es gibt aber dennoch Möglichkeiten. So kann das Land der Stadt
Zuweisungen zu Maßnahmen geben, die im städtischen Haushalt für Entlastung
sorgen. Also ein Beispiel: für den Kauf von Computern, der bereits geplant ist,
übernimmt das Land die Rechnung. Dadurch muss die Stadt den Betrag nicht selbst
zahlen. Dieses Geld könnte dann für Hansa ausgegeben werden. Ein solches
Angebot liegt jedoch nicht vor. Bisher.
Der Finanzausschuss der Rostocker Bürgerschaft hat eine
Aufgabe. Er hat zu prüfen, ob die geplanten Ausgaben überhaupt möglich sind.
Dazu wird diskutiert, ob die Maßnahme an sich sinnvoll ist, ob das notwendige
Geld überhaupt da ist, ob es von den richtigen Stellen genommen wird und auch,
ob es gerecht ist. Im Ergebnis dieser Prüfungen hat der Ausschuss am 24. April
2012 die Beschlussvorlagen abgelehnt.
Die Gründe dafür sind diese: Addiert man die Leistungen der
Stadt, so kommt man auf 600.000 € Steuerverzicht + 530.000 € Grundstückskauf
(zzgl. Folgekosten) + 750.000 €. Hinzu kommt die weitere Stundung von ca. 1,6
Millionen Steuern. Also 1.880.000,00 Euro. Kein anderer Gläubiger des Vereins
packt so viel Geld auf den Tisch. Kein anderer Gläubiger hat aber selbst so
große finanzielle Schwierigkeiten. Im ganzen Jahr gibt die Stadt nur eine Million
Euro aus, um den Breiten- und Spitzensport in der Stadt zu fördern. Jetzt soll
Hansa einen fast doppelt so hohen Betrag auf einmal bekommen. Das muss gut
begründet sein und zwar sachlich, nicht emotional.
Die Landesregierung verlangt von der Hansestadt Rostock, dass
die Schulden von fast 180 Millionen Euro abgetragen werden. Jedes Jahr sollen
es wenigstens zehn Millionen sein. Jeder Euro, den wir an ungeplanten Einnahmen
haben, muss normalerweise für die Schuldentilgung eingesetzt werden. Wir können
mit diesem Geld keine neuen Schulbücher kaufen, keinen Kindergarten sanieren,
keine Jugendprojekte bezahlen, kein Stadtteil- und Begegnungszentrum bauen.
Alles fließt in die Schuldentilgung. Nun sollen wir aber plötzlich 750.000 Euro
an Hansa zahlen. Das lässt sich schwer erklären.
Wenn der Verein nachweisen kann, dass mit der Hilfe der
Gläubiger die Zukunft wirtschaftlich gesichert ist und nicht in ei paar Monaten
der nächste Hammer kommt, dann sieht die Sache schon anders aus. Ein
entsprechendes Konzept wird aber erst für den 27. April 2012 erwartet. Das
werden wir uns genau anschauen.
Das Land hat mehr als 500.000.000 Euro in der Rücklage, also
auf dem Sparbuch. Der Verein ist auch für das Land ein wichtiger Imageträger.
Da kann es nicht daran scheitern, der Stadt mit ein paar 100.000 Euro unter die
Arme zu greifen. Sind diese beiden Punkte erfüllt, wird es am 9. Mai in der
Bürgerschaft sicherlich eine positive Entscheidung geben können.
In den vergangenen Tagen habe ich ganz viel Post und sehr
viele Anrufe bekommen. Die Aussagen waren sehr unterschiedlich. Die einen
drohen nie wieder DIE LINKE zu wählen, wenn wir Hansa nicht helfen. Die anderen
drohen nie wieder DIE LINKE zu wählen, wenn wir dem Verein Geld überweisen. Die
Gesellschaft ist an der Stelle gespalten und es geht um viele Emotionen. Ich
versuche bei der Würdigung aller Verdienste des Vereins für die Stadt und aller
Belastungen, die der Profifußball auch mit sich bringt, eine ausgewogene
Entscheidung zum Wohle der Stadt und des Vereins zu finden. Dazu führe ich
viele Gespräche und hoffe selbst auf ein gutes Ende. Und wenn dann bitte noch
der Klassenerhalt geschafft würde…
Profi-Club mit Gemeinwesenhaftung?
Heute sind wir klüger. "Profis" ohne Gemeinwesenhaftung gibt es nicht, denn sonst würden sie regelmäßig zur Verantwortung gezogen, wenn sie die "Verantwortung übernehmen" und sich zurück ziehen können.
Dieser letzte Platz ist doch eine Gelegenheit für einen sauberen Schnitt, denn ein Offenbarungseid fiele mit dem anderen zusammen und "Volkstheater" haben wir schon genug.
Vielleicht sollte von jeder Unterschrift bzw. jedem Demonstranten für HANSA verlangt werden, eine Jahreskarte zu kaufen!?
Wer stellt die Fragen nach der finanziellen Beteiligung derjenigen, die an HANSA verdienen?
Hier sollte Reinhard Knischs vor einiger Zeit in den "Stadtgesprächen" vorgeschlagenes Kulturfinanzierungsmodell für Rostock noch einmal in die Diskussion gebracht werden.
Herrn Bockhahns Entscheidung für eine siechtumsverlängernde Finanzspritze wird die LINKE bzw. sein Bundestagsmandat nicht retten. Ich sehe wohl, dass hier die Emotionen Vieler instrumentalisiert werden. Und ich weiß nur zu gut, dass so eine Entscheidung wie zwischen Pest und Cholera erscheint. Aber auch die Emotionen würden mit einer Entscheidung für die Geldspritze nur ein weiteres Mal betrogen und das sehenden Auges, da die Hintergründe und Konsequenzen in Rostock relativ klar sind.
Einen Vorteil hat diese Diskussion zumindest. Sie führt die Haushaltssicherungs- und Vermögensverkaufsdiskussion als das vor, was sie ist, kalte Ausplünderung von Gemeinwesen mit Projektion einer Pflicht zu schlechtem Gewissens auf Gemeinwesen-Anhänger !
Jeder der sich auf die Finanzspritzen-Befürworter stellt, sollte sich fürderhin mit Spar- oder Vermögensverkaufsforderungen eigentlich lächerlich, wenn uns nicht schon das Lachen längst im Halse stecken geblieben wäre...
da es den Beutegemeinschaften vielleicht schon egal sein kann, dass ihr Theater eigentlich nur Hohn und Spott verdient?
Geld wofür?
Bereits heute soll die Stadt wieder mehr als eine MIo € für das Theater beschließen, ich hoffe sie machen das auch für Hansa!!