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Alternatives Wohnen in Rostock (AWIRO). Ein Projekt, das ble ...

Björn Kluger, 30.07.08

Es gibt es noch, mitten im Viertel: ein alternatives Wohnprojekt von jungen Menschen für junge Menschen.Was liegt nicht alles hinter diesem Umstand. Bereits Ende der 1980er Jahre machten sich Engagierte der Stadt auf, sich zu einer Initiative „Alternatives Wohnen in Rostock (AWIRO)“ zusammenschließen. Massiver Leerstand und der umstrukturierte, nun privatisierte Wohnungsmarkt stellte viele Wohnungssuchende und StudentInnen vor die Wahl, teuren Wohnraum zu beziehen oder den reichlich vorhandenen Leerstand zu beenden.

Mehr als 200 Beteiligte und BefürworterInnen der Initiative hatten so über kurz oder lang ein Dach über dem Kopf. Der Wohnraum sollte bezahlbar bleiben. In Konflikten und Verhandlungen mit den Wohnungsträgern wurde letztlich eine akzeptable Grundmiete und in vielen Fällen eine Legalisierung von Instandbesetzungen durchgesetzt. Das schien den meisten Beteiligten genug. Aber die engagierten InitiatorInnen wollten auch politisch etwas bewegen.

Mit den Jahren hatte sich das unmittelbare Umfeld in der KTV gewandelt. Von den vielen leerstehenden Häusern waren wenige übrig geblieben, die meisten in Privatbesitz gebracht oder durch städtische Gesellschaften selbst modernisiert und damit mit einem stattlichen Mietpreis versehen.Gerade deshalb war es nicht nur politisch geboten, sondern auch notwendig, eine konkrete Form für ein selbst bestimmtes Leben zu finden. Da gab es weiterhin eine Reihe von engagierten Menschen, die sich nicht mit einer netten Bleibe zufrieden geben wollten. Hier sollte etwas mitten im Viertel entstehen, das Freiraum, Selbstverwirklichung und Ausstrahlung für das Umfeld bot. Das hieß: Gesellschaftlich, lebendig und frei als Alternative. Fast bis zum Ende der 1990er Jahre brauchte es jedoch Durchhaltewillen, Forderungen und immer neues Drängen gegenüber der Stadt und den beteiligten Institutionen, um das in vielen gemeinsamen Stunden erarbeitete und diskutierte Konzept in die Realität umzusetzen. Neben sozio-kulturellen und alternativen Jugendeinrichtungen in der Stadt war das Projekt AWIRO, ein lebendiges Wohn- und Lebensprojekt, das über eine übliche Wohngemeinschaft hinausging. Natürlich gab es unterschiedliche Ansichten, die Vorstellungen reichten vom alternativen Wohnprojekt mit alternativem Jugendtreff bis zum kommunikativen Stadtteilzentrum für die Umgebung.

Die zu bewohnenden Häuser in der Niklotstraße 5 und 6 wurden teilweise in Eigenregie gestaltet, im Erdgeschoß wurde ein Café als Begegnungsraum eingerichtet. Verschiedene Werkstätten bezogen Quartier, ein Infoladen entstand und verschiedene Initiativen fanden ein Zuhause. Auf Grund der fortschreitenden Sanierungen und auch der praktischen Umgestaltung der KTV (u. a. durch das URBAN-Projekt) hat sich der Charakter des Viertels geändert. Die alten Mieterstrukturen wurden zunehmend durch eine neue soziale Struktur verdrängt, die durch ein studentisches Milieu und Vertreter der kulturellen und akademischen Schichten geprägt war. Das bedeutete: Der Großteil der BewohnerInnen der KTV stand nicht mehr im Fokus bzw. konnte nicht mehr Adressat eines Konzeptes sein, dass sich als Alternative, auch in einem gesellschaftlichen Kontext, verstand. Ein stadtteilorientiertes Konzept ließ sich nun eher durch andere Angebote, wie z.B. das Bürgerhaus, umsetzen. Vor diesem Hintergrund hat sich ein Angebot für eine offene und emanzipatorische Jugendbegegnungsstätte mit eigenem Wohnraum entwickelt.

Nach Aussagen von zwei aktuellen MitstreiterInnen des AWIRO-Projektes existiert heute ein alternativer Jugendtreff, der Freiraum für nicht-rechte Jugendliche bietet, der über die Stadtgrenzen von Rostock hinaus angenommen wird. In Selbstverwaltung wird dort engagiert Platz zur Selbstbestimmung und Verwirklichung von Ideen in den Werkstätten (Fahrrad, Holz) geboten. Daneben existiert wieder ein Probenraum, ein Infoladen bietet Möglichkeiten, sich unabhängig über das Zeitgeschehen ins Bild zu setzen. Und auch die „Vokü“, die Volxküche, gibt es jetzt wieder regelmäßig. In gemeinsamen Plena werden die Entscheidungen über den Verein und das Wohnprojekt in der Gruppe getroffen.

Das Projekt hat sich in Rostock etabliert und beteiligt sich auch an Initiativen, wie etwa im Rahmen des G8-Gipfels im vergangenen Jahr oder, wie jedes Jahr, am Alternativen Jugendcamp in Lärz. So können auch Veranstaltungen mit politischem Inhalt im Treff stattfinden. „Das macht es aus: Die Vielzahl von Möglichkeiten sich selbstbestimmt, hierarchiefrei und kreativ zu betätigen.“ Aber was auch zählt, ist: „Sexistische und rassistische Tendenzen nehmen wir nicht hin!“ Natürlich können die BesucherInnen sich im Café auch einfach nur treffen und entspannt miteinander reden, ohne etwas bestellen zu müssen. Manchmal gibt es Geburtstagsfeiern oder auch ein Fest. „Das ist auch oft so, dass dann Mitwirkende der ‘ersten Generation’ vorbeischauen.“

Das Projekt mit seiner Historie hat seinen Platz mitten in der Stadt gefunden und ist Anziehungspunkt für eine junge Generation, die für sich in Anspruch nimmt, kreativ, alternativ zu sein und auch konsequent zu handeln. Das verdient Respekt. Und immerhin sind das jetzt fast 20 Jahre von den ersten Schritten bis zur heutigen Fortführung. – Ein klarer Beweis, dass ein Bedarf an derartigen Jugendtreffs nach wie vor vorhanden ist.

 

 

Kommentare

http://elevolantines.blogspot.com

Bild von anonyme Stadtgestalt

Hola, quisiera saludar a Björn Kluger, aunque no sé si es el mismo Björn que conocí.
Si eres tú. Hola, que sepas que te recuerdo siempre y con mucho cariño.