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Informationen zum Bau der Rostocker Müllverbrennungs-Anlage ...

 

Die Firma Vattenfall baut im Rostocker Überseehafen eine Müllverbrennungsanlage (SBS-Heizkraftwerk). Das Staatliche Amt für Umwelt und Natur (StAUN) Rostock hat die Anlage ohne eine gültige Umweltverträglichkeitsprüfung nach EU-Recht und ohne Öffentlichkeitsbeteiligung der betroffenen Bürger und Kommunen in einem Änderungsgenehmigungsverfahren (2006/2007) genehmigt. Darüber berichteten die Stadtgespräche bereits im Jahre 2008.

Gegen die Änderungsgenehmigung für diese Anlage haben zwischenzeitlich betroffene Bürger, unterstützt durch die „Rostocker Initiative für eine zukunftsfähige Kreislaufwirtschaft und gegen Müllverbrennung e.V.“, Widerspruch eingelegt, der vom StAUN im Dezember 2008 in Verbindung mit einem unverhältnismäßig hohen Gebührenbescheid (ca. 24.000 €) abgewiesen worden ist. Nach einem Einspruch wurde der unrechtmäßige Gebührenbescheid aufgehoben. Auf Grund des vom StAUN abgewiesenen Widerspruchs wurde jetzt beim Oberverwaltungsgericht Greifswald eine Klage gegen die nach unserer Auffassung unzulässige Genehmigung durch das StAUN Rostock eingereicht.

Dafür gibt es viele gute Gründe, einige seien hier zu dem konkreten Fall genannt:

1. Mit der Aussetzung der Beteiligungsrechte von Bürgern und Kommunen durch die zuständige Behörde hat man aus unserer Sicht geltendes Recht ohne Not missachtet. Auch dies trägt mit zur „Politikverdrossenheit“ bei, die von vielen Seiten beklagt wird. Die Voraussetzungen für eine öffentliche Beteiligung im konkreten Verfahren sind auch von einem Laien deutlich zu erkennen.

2. Es sollen ca. 25-30 % mehr heizwertreiche Müllmengen verbrannt werden (Antrag Vattenfall) als im ersten Antrag für die Entsorgungs- und Verwertungsgesellschaft (EVG) genehmigt wurden.

3. Es werden dadurch entsprechend mehr Abgase freigesetzt

4. Es soll eine vollkommen andere Anlage zum Einsatz kommen soll (Referenzen für diese sind uns nicht bekannt.), als seinerzeit in einem tendenziös in Richtung Müllverbrennung orientierten Technikwettbewerb in der Mitte der 90er Jahre ausgesucht wurde.

Aus medizinischer Sicht stellt jede Müllverbrennung eine unnötige Gesundheitsgefährdung der Anwohner, der Urlauber sowie der Kur- und REHA-Gäste dar. Im Verbrennungsprozess entstehen unter anderem toxische Stoffe, Fein- und Feinststäube (Kontamination der Nahrungskette, Belastung mit lungengängigen Schadstoffen usw.). Dazu sei aus der Denkschrift der Ärztekammer 2008 zitiert: „Bei der Errichtung neuer Anlagen ist durch wissenschaftliche Gutachten unter Berücksichtigung neuester Erkenntnisse sorgfältig zu prüfen, welche Verfahren der Energiegewinnung sowie der Müll- und Restabfallbehandlung den höchsten Wirkungsgrad bei gleichzeitig bestem Schutz der Umwelt haben und die geringsten gesundheitlichen Risiken in sich bergen.“

Neue Anforderungen an die Abgasreinigung sind für die Verbesserung der Luftqualität EU-weit unverzichtbar[1]. Bereits 2002 hat die EU im 6. Umweltaktionsprogramm festgelegt, dass die Verschmutzung auf ein Maß reduziert werden muss, bei dem schädliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit möglichst gering sind. Ein Schwerpunkt des Programms ist die Verminderung von Feinstaub (der auch bei der Müllverbrennung in erheblichem Umfang entsteht, mit toxischen Verbrennungsrückständen beladen ist und nicht wieder eingefangen werden kann). Den ermittelten Gesamtkosten der Strategie von ca. 7,1 Mrd. €/Jahr in der EU steht nach den Abschätzungen der Kommission alleine im Gesundheitsbereich ein Nutzen von 42 bis 135 Mrd. € gegenüber. Das ist eine Kosten-Nutzen-Verhältnis von rund 1:6 bis 1:19, also ein volkswirtschaftlicher Gewinn von unvorstellbarem Ausmaß! Dabei sind zusätzliche Verbesserungen in anderen Umweltbereichen, z.B. durch geringere Versauerung und Eutrophierung, gar nicht eingerechnet.

Ein „Urlaubs- und Gesundheitsland“, das M-V so gerne werden möchte, wird sich in Zukunft auch daran messen lassen müssen, wie es diese Ziele umsetzt! Aber es entwickelt sich in Sachen Luftreinhaltung in die entgegengesetzte Richtung: Müllverbrennung in Rostock, Stavenhagen und Hagenow, geplant nun auch in Dargun als Sondermüllverbrennungsanlage. Die Ursachen dafür, dass so etwas möglich ist, liegen in der antiquierten Bundesgesetzgebung. Die auf solche Anlagen anzuwendende Bundesimmissionsschutzverordung (BImSchV) und die Technische Anleitung Luft (TA Luft) sind in ihrem Kern rund 20 Jahre alt. Damals war wenig bis nichts über die großen gesundheitlichen Gefahren durch Fein- und Feinststäube bekannt. Die Verordnungen bedürfen dringendst einer Neufassung, punktuelle Novellierungen wären nur Kosmetik.

Die Müllverbrennung ist eine Vergeudung wertvoller Rohstoffe. Statt alle Möglichkeiten des Recyclings und der Kreislaufwirtschaft auszuschöpfen, werden die Rohstoffe hier unwiederbringlich zerstört. Die Forderungen der „NABU Studie zu Abfallkapazitäten“ lauten:

„Die staatliche Förderung (75 Prozent Förderanteil) des Ausbaus der Recyclingkapazitäten und der verstärkten Getrenntsammlung aller Rohstoffe im privaten und gewerblichen Abfall noch zu Beginn der 17. Legislaturperiode. Die gesetzliche Gleichbehandlung von Siedlungsabfall und Siedlungsabfall ähnelndem Gewerbeabfall hinsichtlich Recycling, Verwertung und Getrenntsammlung. Eine Verwertungsquote für alle Siedlungsabfälle (und deren gewerblichem Pendant), die sich ausschließlich auf Recycling, nicht auf energetische Verwertung bezieht. Die Nutzung des Begriffs Verwertung nur noch für stoffliche Verwertung (Recycling, Kompostherstellung).“

Die Rostocker Müllverbrennung hat einen unzureichenden Wirkungsgrad und daher eine erhebliche klimaschädliche Wirkung. Wir unterstützen auch hier die „NABU-Forderung“ und die Überlegungen in der „Denkschrift der Ärztekammer“:

  1. „Die Steigerung des Effizienzgrades auf 75 Prozent bei allen Verbrennungsanlagen.“
  2. „Energieversorgungskonzepte sind bedarfsgerecht unter der maximalen Ausnutzung der Energieeinsparpotenziale und mit zunehmendem Einsatz emissionsarmer, regenerativer Energiegewinnungs- und -speicherkonzepte weiter zu entwickeln. Mittel- und langfristig können hierdurch die privaten, gewerblichen und die öffentlichen Haushalte nachhaltig entlastet und die Umwelt geschont werden (verminderter CO2- und Schadstoffausstoß). Durch den damit verbundenen Einsatz innovativer Technologien können Arbeitsplätze geschaffen und eine materielle Wertschöpfung im Land Mecklenburg-Vorpommern (z. B. Windkraftanlagen) erzielt werden.“

Arbeitsplätze werden, wie ein Schaubild zeigt, durch die Recyclingwirtschaft in weitaus größerem Maße geschaffen und gesichert. Dabei kann vor allem eine Stärkung der regionalen Arbeitsstrukturen bei einer zunehmenden Sicherung der Rohstoffbasis erwirkt werden, was auch eine Daseinsvorsorgeaufgabe der gesellschaftliche Verantwortung tragenden Gremien ist.

In der „NABU-Studie“ heißt es hierzu: „Politische Entscheidungsträger brauchen keine Angst vor diesen Umstrukturierungen zu haben – im Gegenteil. Bestehende Branchenstrukturen können sich ändern, denn Arbeitsplätze in der Abfallwirtschaft werden durch ein starkes Recycling gesichert und geschaffen. Das Ziel einer sauberen Umwelt und funktionierenden Kreislaufwirtschaft ist sozial gerecht und wirtschaftlich sinnvoll umsetzbar.“

Die Müllverbrennungsanlage im Überseehafen ist durch Vattenfall im Änderungsantrag mit einem jährlichen Durchsatz von maximal 230.000 t/Jahr so dimensioniert, dass sie mit dem in Rostock anfallenden Hausmüll (ca. 43.000 t/Jahr) unzureichend ausgelastet ist. Die Differenz muss durch Mülltourismus importiert werden.

Bitte unterstützen Sie mit einer Spende den Klageweg. Selbstverständlich erhalten Sie eine Spendenbescheinigung, da der Verein vom Finanzamt Rostock als gemeinnützig anerkannt ist. Gerne informieren wir Sie auch über die konkrete Verwendung der Spenden. Für weitere Informationen steht Ihnen der Vorstand oder die Homepage des Vereins unter www.rostock-mva.de zur Verfügung

Rostocker Initiative für eine zukunftsfähige Kreislaufwirtschaft und gegen Müllverbrennung e. V.

Email: recycling-Rostockatfreenet [dot] de

 

Kommentare

Es ist ein Skandal, dass das

Bild von anonyme Stadtgestalt

Es ist ein Skandal, dass das Verfahren bis hierhin weitergeführt werden konnte - und frustrierend, dass selbst eine erfolgreiche Klage nicht mehr viel bringen wird, weil der Bau der Anlage ja schon längst begonnen hat.