Kurzbericht zur Sitzung der Bürgerschaft vom 07.10.2009
Am Mittwoch der letzten Woche fand die monatliche Sitzung der Rostocker Bürgerschaft statt. Da vieles manchmal etwas schwer zugänglich ist - siehe hierzu den Artikel von Sabine Kattge - will ich versuchen, die Highlights aus meiner Sicht dazustellen. Da ich als Mitglied der Bürgerschaft immer auch etwas durch die gefärbte Brille sehe, kann man manche Sachverhalte sicher auch anders bewerten. In diesem Fall steht jedem die Kritik hierzu frei.
Zur Sitzung:
1. Erwerb einer Fläche in der Rostocker Heide als Nationales Naturerbe (NNE)
Auf gemeinsame Initiative aller Fraktionen soll die Stadt eine ehemals militärisch genutzte Fläche von 1000 ha vom Bund erwerben. Der Bereich soll unter Beachtung hoher naturschützender Standards entwickelt werden.
2. Prüfung der Ausweisung des Stadtteils Warnemünde als Sanierungsgebiet
Es wurde ein Antrag der Grünen als Prüfauftrag beschlossen. Kritisch ist zu sehen, dass die vollständige Ausweisung als Sanierungsgebiet sehr unwahrscheinlich ist, da die rechtliche Voraussetzung des „städtebaulichen Missstandes“ nicht gegeben ist. Gleichwohl soll wohlwollend der Einsatz von Mitteln der Städtebauförderung geprüft werden.
Die Debatte war durchaus kontrovers, da die finanziellen Auswirkungen noch nicht geprüft sind. Für die SPD steht jedoch fest, dass es keine Verschiebung zu Lasten der bestehenden Förderung – insbesondere die „Soziale Stadt“ – geben darf.
3. Museumskonzept
Die neben der Beschlussvorlage der Verwaltung vorliegenden Anträge wurden gemeinsam noch einmal in den Kulturausschuss verwiesen. Dort soll die Debatte – insb. die Beteiligung der Betroffenen – strukturiert werden. Vorteilhaft an der Vertragung ist, dass auch inhaltliche Schwerpunkte noch einmal bewertet werden können. Gleichwohl muss gesehen werden, dass das Museumskonzept ein Richtungsbeschluss ist, der erst den Weg zur künftigen Arbeit ebnen soll.
4. Zweitwohnungssteuer
Es wurde ein Konzept der Verwaltung zur „Förderung der Hauptwohnsitznahme“ durch externe Studierende beschlossen. Kernelement ist Zahlung eines einmaligen Begrüßungsgeldes von 100,- EUR. Das Thema hatte die Bürgerschaft seit langem bewegt, da die Rostocker Zweitwohnungssteuersatzung nicht zuletzt Gegenstand einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts war.
Die SPD hat kritisiert, dass durch das Konzept Rostocker Studierende und auch Auszubildende diskriminiert werden. Daher soll durch die Verwaltung geprüft werden, ob das Angebot in Richtung der nicht Begünstigten ausgeweitet werden. Zeitgleich wollen wir als Fraktion gemeinsam mit der Landtagsfraktion ein Konzept entwickeln, das gezielt die Hochschulen fördert und damit allen Studierenden zugute kommt.
Strittig war weiterhin, ob die bisherige Satzung in der Form abgeändert werden soll, dass auch von den Studierenden eine Zweitwohnungssteuer erhoben werden soll, die im elterlichen Haus nur das ehemalige Kinderzimmer bewohnen und sich trotz des neuen Angebots nicht ummelden. Die Mehrheit wollte die Satzung – quasi als „Drohkulisse“ – weiter zu entwickeln.
5. Maßnahmeplan und Prioritätenliste für die „Soziale Stadt“
Es wurden beide Beschlussvorlagen der Verwaltung positiv votiert. Damit ist der Weg frei für die weitere Umsetzung der Städtebauförderung. Mit den gesetzten Schwerpunkten sollen gezielt die Stadtteile mit Risiken der Stadtentwicklung befördert werden. An erster Stelle steht dabei die Fortführung des Stadtteilmanagements; aber auch der Neubau der Stadtteilzentren im Rostocker Nordosten ist enthalten.
6. Bericht des Bürgermeisters
Zunächst erfolgte ein Dank an alle Wahlhelfer und die Gratulation an die beiden in den Bundestag gewählten Mitglieder der Rostocker Bürgerschaft (Steffen Bockhahn und Harald Terpe).
Schwerpunkt der Rede war die Lage des Haushalts. Die Stadt kann zwar das gesetzte Ziel der Tilgung der Altfehlbeträge von jährlich 22 Mio. EUR bei weitem nicht erreichen, schafft aber immerhin einen strukturell ausgeglichen Haushalt und einen unterjährigen Überschuss von voraussichtlich 900 TEUR. Dies ist zwar insgesamt ein Erfolg der bisherigen Konsolidierung, da Rostock damit vom Landestrend abweicht, dennoch muss über den Umgang mit den Altdefiziten entschieden werden. Vieles deutet dabei auf einen Konflikt zwischen OB und der Mehrheit in der Bürgerschaft hin, da ersterer immer noch Verkäufe in Größenordnungen will. Die SPD lehnt dieses ab: Erstens sollen starke Unternehmen der Stadt künftig beim Abtragen des Defizits helfen, zweitens gibt es rechtliche Probleme, da das auch von der SPD unterstütze Bürgerbegehren dem Verkauf entgegensteht und drittens ist der Verkauf in der Krise wirtschaftlich unsinnig.
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Kommentare
Nachfrage zu Punkt 6 = der
Nachfrage zu Punkt 6 = der weiteren Haushaltskonsolidierung.
Am sinnvollsten ist es doch sicher, den dauernden/wiederkehrenden Verkaufsbestrebungen des OB mit Gegenkonzepten entgegenzutreten. Ich habe da in den letzten Monaten nur den Vorschlag der Grünen zur Kenntnis genommen, Immobilienbesitz höher zu besteuern - Grundprinzip: Eine Steuer, die sich auf möglichst viele Schulter verteilt. Gibt es andere, auch ganzheitlichere Ansätze? Wenn nicht: Woran liegt das?
Hallo Krisitina, da ist ein
Hallo Krisitina,
da ist ein schwierig Ding...
Haushaltskonsolidierung wird in dieser Form auf kommunaler Ebene seit gut 3 Jahrzehnten betrieben. Daher würde ich per se zur Vorsicht raten, wenn jemand mit einem Patentrezept kommt. Hierzu einige Thesen:
1. Der Verkauf vom Eigentum verfehlt das Thema, da das rentable Eigentum gerade nicht für die Schulden verantwortlich ist. Selbst der von Herrn Methling angestrebte Verkauf hätte "nur" die Altschulden getilgt, ohne das grundsätzliche Problem zu lösen. Das erkennt man alleine daran, dass die aktuellen Planungen für das nächste Jahr ein Defizit für den Haushalt von mehr als 20 Mio. Euro ausweisen. Die Neuverschuldung ist daher strukturell wesentlich höher als die immer zitierten Zinslasten.
2. Das Problem ist nicht alleine "hausgemacht", wie es Teile der politischen Szene (insb. die so genannte Fraktion "Für Rostock"/Ex-"Pro OB") gerne behaupten. Wie ließe es sich sonst erklären, dass die gesamte kommunale Landschaft der Bundesrepublik über ähnliche Probleme klagt? Natürlich hat man auch in Rostock manche Entscheidung falsch oder zu spät getroffen, aber der Kern des Problems liegt in der strukturellen Finanzausstattung der Kommunen.
3. Ein Gegenkonzept muss (notgedrungen) aus einer Vielzahl von Komponenten bestehen. Dieses umfasst die Einnahmen- und die Ausgabeseite. Der Vorschlag der Grünen (zusätzliche Einnahme aus der Grundsteuer ca. 1,3 Mio. Euro) - der mir mit seiner Unpopularität Respekt abnötigt - ist daher nur ein kleiner Baustein. Nicht umsonst ist das neue Haushaltssicherungkonzept mehr als 60 Seiten stark. Insofern ist es - fast - ganzheitlich zu nennen.
4. Ein Schlüssel liegt in der Finanzausstattung durch das Land. Bei aller Kritik am gestern beschlossene Finanzausgleichsgesetz (FAG) muss man dabei sehen, dass die prognostizierten Einnahmeverluste nicht aus dem "neuen" FAG, sondern aus dem "alten" Gleichmäßigkeitsgrundsatz des "alten" FAG folgen. Es ist wegen der insgesamt schlechten Finanzlage des Landes auch weniger Geld auf die kommunale Ebene ausgereicht worden (ca. 1,15 Mrd. Euro statt 1,3 Mrd. Euro). Hierdurch verliert Rostock nächstes Jahr etwa 6 Mio. Euro, mit dem alten FAG hätte die Stadt aber weitere 13 Mio. Euro verloren! Gemeinsam mit den anderen Städten und Gemeinden wird man sich - nach der Steuerschätzung im November - für eine Erhöhung der Gesamtsumme einsetzen müssen.
Fazit: Die Diskussion bleibt spannend, da es tentenziell keine Schonbereiche gibt. Man wird aber vergeblich auf jemand Externen - ob Innenminster, Beratungsagentur oder Ritter in der weißen Rüstung - warten, der die aufgelaufenen für die Stadt löst.