Bericht von der Verkehrskonferenz KTV
Die Stadt hatte gestern zur Beteiligung der Bewohner der KTV bei der Erstellung des neuen Integrierten Gesamtverkehrskonzept (ab 2014) geladen. Hier folgt nun ein - subjektiver - Rückblick auf den Verlauf des Abends ...
Zuerst einmal war es für nicht-Ortskundige (also beispielsweise mich) etwas schwierig, die Aula der Borwin-Schule zu finden. Erst als sich eine Gruppe von mittlerweile acht Leuten ratlos auf dem Schulhof versammelte, fand sich jemand unter uns, der per Telefon die Position des Eingangs in Erfahrung bringen konnte. Ein wenig mehr Ausschilderung vor Ort oder eine klarere Beschreibung in der Bekanntmachung hätte uns geholfen. Nunja - wir haben dazugelernt :)
Insgesamt haben etwa 35 Leute den Weg zu der Veranstaltung gefunden. Das Publikum war überwiegend männlich und in der Mehrzahl deutlich älter als 30 Jahre. Dies mag an einer fortschreitenden demographischen Umschichtung des Studentenviertels, an der spezifischen Öffentlichkeitsarbeit zur Veranstaltung oder schlicht am thematischen Desinteresse der jüngeren Bevölkerung liegen.
Inhaltlich war die erste Hälfte des Abends dominiert von einem Vortrag zur groben Struktur des aktuellen Verkehrskonzepts. Dies beinhaltete also einen kurzen historischen Rückblick auf die größeren Bauvorhaben der letzen Jahre und ihre Zielsetzung.
Anschließend erfolgte die angekündigte Bürgerbeteiligung: dazu waren Stellwände für sieben Themenkomplexe (Fußgänger, ÖPNV, Radfahrer, motorisierter Verkehr, Parken, geteilte Autos/Fahrräder/...) im Raum verteilt. Jede Stellwand enthielt eine großformatige Karte der KTV und noch etwas Platz für Kommentarzettel. Letztere lagen gut verteilt im gesamten Raum aus und wurden dann von den Anwesenden rege genutzt, um an den Stellwänden Meinungen und Anregungen zum jeweiligen Thema zu hinterlassen und diese teilweise auch gleich auf der Stadtkarte malerisch zu visualisieren. Fast alle Besucher schienen bereits Gedanken zu haben und begannen sie auf den Stellwänden zu verteilen. Bei jeder Stellwand stand auch jeweils ein Sachverständiger der Stadt zur Diskussion zur Verfügung.
Nach einer halben Stunde endete dieser Programmpunkt und ging in eine kurze Zusammenfassung der Themenbereiche über. Diese war aus meiner Sicht nicht allzu relevant, da wahrscheinlich die meisten Teilnehmer schon zuvor durch den Raum schlenderten und die verteilten Notizen begutachteten.
Die bemalten Karten und Notizzettel wurden fotografiert, um sie wohl später auszuwerten.
An dieser Stelle musste ich leider verfrüht die Veranstaltung verlassen und konnte somit nicht mehr den Abschluss miterleben. Hier sollte dargestellt werden, wie mit den Bürgereingaben weiter verfahren wird und welchen Einfluss diese auf die Entscheidungsprozesse haben. Wer diesen Teil der Veranstaltung noch verfolgt haben sollte, kann sich gern in Form von Kommentaren hier einbringen. Danke!
Das Konzept der Veranstaltung ist erstmal begrüßenswert und wurde anscheinend auch mit guter Motivation seitens der Stadt vorbereitet. Ein paar potentielle Verbesserungen können aber wahrscheinlich noch die Ergebnisqualität steigern:
Breitere Informationspolitik
Im Netz sind - neben der obligatorischen Meldung auf der städtischen Webseite, dem Städtischen Anzeiger und diesem Stadtgestalten-Artikel - lediglich ein Artikel bei MVPO und ein - leidlich anregender - Eintrag beim 0381-Magazin (technisch leider nicht verlinkbar) zu finden. Angesichts dessen ist es fast verwunderlich, dass so viele Besucher ihren Weg zu der Veranstaltung fanden. Wahrscheinlich habe ich also relevante Kanäle (Zeitungsartikel?) übersehen. Eventuell würde beim nächsten Mal eine kurze Veranstaltungsankündigung im Mensa-Ticker für eine - demographisch angemessene - Beteiligung jüngerer Bewohner führen.
Konkretere Definition der Abfrage
Viele der vor Ort verfassten Notizzettel befassten sich grundlegend mit der relativen Relevanz des Verkehrsmittels (z.B. Fahrrad) gegenüber den anderen (PKW, Fußgänger, ...). Solch eine Grundsatzdiskussion ist natürlich bei einer Stadtteil-spezifischen Veranstaltung denkbar schlecht aufgehoben. Den entsprechenden Raum gab vielleicht eher im Rahmen der Diskussionen zu den Leitlinien der Stadtentwicklung im Jahr 2010. Allerdings lässt die inhaltliche Breite der damaligen Veranstaltung eine angemessene Berücksichtigung der verkehrstechnischen Ausrichtung doch eher unwahrscheinlich erscheinen. Ob es also einen Rahmen für eine Bürgerbeteiligung bei der - zweifellos entscheidenden - Grundsatzdiskussion gibt, in welche Richtung der Verkehr in Rostock sich insgesamt entwickeln soll, ist unklar. Der heutige Abend konnte es jedenfalls nicht sein.
Welche Punkte sollten also genau erfragt werden? Unpraktische Ampelschaltungen? Parkplatzsorgen? Visionen einer Baumbepflanzung der Wismarer Straße? Vorschläge für Standorte von Tiefgaragen?
Eventuell ist die Unschärfe der Fragestellung ja Teil des Konzepts - aber wahrscheinlich ist sie eher Ausdruck einer Unklarheit oder Uneinigkeit, welches Ziel die Bürgerbeteiligung in diesem Fall konkret haben soll. Dies macht es natürlich auch schwer, den beteiligten Bürgern im Nachhinein ein ehrlich gemeintes Gefühl der Wertschätzung bezüglich ihres Beitrags zu vermitteln.
Wahl der Methode
Die verwendete Methode der Sammlung von stichpunktartigen Wünschen, die mit konkreten Punkten auf der KTV-Karte verknüpft werden, erinnert an das von der Stadt vor zwei Jahren initiierte Projekt der Stadt: CitizenPort.HRO. Ziel war damals bei Projektstart leider nur die Erfassung von Bürgereingaben zu unerwünschten Müllablagerungen im Stadtgebiet. Die heutige Veranstaltung zeigt aber, dass Bürgereingaben mit geographischem Bezug auch in anderen Themenbereichen für die Stadt sinnvoll sein können. Zumindest hätte ein Internet-basiertes Abfragesystem ein wesentlich breiteres Spektrum von Meinungen und Vorschlägen zutage gefördert, als die heutige Präsenzveranstaltung. Stattdessen hätten heute vor Ort die Anwesenden über die Relevanz von zuvor eingereichten Vorschlägen diskutieren können - quasi als Übersetzer der Bürgermeinungen für die Repräsentanten der Stadtverwaltung.
Wahl des Veranstaltungsrahmens
Nach dem Abschluss der Notizzettelerstellung und -verteilung durch die Anwesenden fühlte ich persönlich mich genau in der richtigen Stimmung, nun das Thema Verkehr in Rostock ausgiebig zu diskutieren. Leider war der zeitlich vorgegebene Rahmen der Veranstaltung an dieser Stelle allerdings bereits ausgeschöpft. Vielleicht wäre statt des üblichen 1,5h-Blocks also die Einladung zu einer ganztägigen Veranstaltung (am Wochenende) beispielsweise mit der Methode "Zukunftswerkstatt" ein geeigneterer Rahmen gewesen, den Bürgern der Stadt mehr als nur das übliche "wir brauchen mehr Parkplätze/Radwege/Fußwege/Buslinien/..." zu entlocken. Aber wie gesagt: zuerst müsste jemand definieren, was genau denn hier der Bürger überhaupt beitragen sollte ...
Mein persönliches Fazit: dies war eine gut organisierte Veranstaltung, die den Willen zum Dialog zeigt. Bisher ist leider noch deutlich spürbar, dass für die Stadtverwaltung das Konzept der Bürgerbeteiligung etwas neuartiges und fremdes ist. Aber dieses Problem ist mit ein wenig Wille zur Weiterentwicklung sicherlich lösbar. Dann bliebe nur noch die Verschiebung der Beteiligungseinforderung von der Definition des Kleinen (welche Farbe soll der Gullydeckel haben) zur Konzeptionierung des großen Ganzen (wie wollen wir den zukünftigen Verkehr in Rostock gestalten).
- lars's blog
- Anmelden um Kommentare zu schreiben
- Permalink