"rostock.de" und der Datenschutz
Die letzte Woche überraschte den geneigten Leser deutschlandweit mit einer Fülle von Datenschutz- und Sicherheitsverfehlungen verschiedenster Art: mal traf es die Leseratten, dann ging es sportlich zu - wenn auch nicht ums große Geld - und es kam tragischerweise sogar zu einem Todesfall.
Im Kleinen (also in Rostock) geht es stattdessen eher unaufgeregt um die fehlenden Worte, bzw. die überflüssigen Datensätze.
Die städtische Portalseite rostock.de war ja bereits vor einiger Zeit Thema. Damals drehte es sich um die überraschend preisgünstige Veräußerung der Vermarktungsrechte der Stadt-Domain an eine bis dahin unbekannte Mini-Firma, deren Charme eventuell nur darin lag, dass ihre Inhaberin den Oberbürgermeister bei seiner Wahl 2005 unterstützte. Nun muss sich der Betreiber Verfehlungen im Umgang mit den Daten der Seiten-Besucher vorwerfen lassen.
Zum Einen verschickt die Webseite Daten zum Nutzungsverhalten ihrer Besucher nach Übersee. Konkret erfolgt dies durch das Nutzer-Analyse-Werkzeug "Google Analytics", dessen gesammelte Daten in den USA und weltweit gespeichert werden. Seit Juli letzten Jahres (oder spätestens nach dem Lesen der AGBs von Google Analytics) sollte jedem Betreiber einer Webseite jedoch klar sein, dass er seine Besucher über die großzügige Datenverteilung informieren muss. Dieser vorgeschriebene Hinweis fehlt jedoch in der Datenschutzerklärung von "rostock.de".
Zudem verspricht die Datenschutzerklärung von "rostock.de" explizit, das Nutzungsverhalten der Besucher würde nicht für statistische Auswertungen verwendet werden. Dem widerspricht jedoch die Realität in Gestalt des lokalen Analyse-Werkzeugs "Piwik", das genau für diesen Zweck entwickelt wurde und ebenfalls Besucherdaten auf "rostock.de" aufzeichnet. Hier behauptet die Datenschutzerklärung also dreist das Gegenteil.
Mangelnde Professionalität wäre also der geringste Vorwurf, den man dem Betreiber der offiziellen Webseite unserer Stadt machen muss. Dieser Fehler fällt auch auf den Oberbürgermeister Methling zurück, der bei seinem überraschenden freihändigen Verkauf der Domain-Rechte im Herbst 2008 anscheinend wenig Sachverstand bei der Auswahl des Betreibers zeigte.
PS: eine entsprechende Mail an den Betreiber von rostock.de ist bereits unterwegs. Ich bin gespannt auf die Reaktion ...
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Kommentare
Einen ersten Hinweis auf
Einen ersten Hinweis auf Defizite in punkto Sachkompetenz seitens der Betreiberfirma, deren Namen rostock.de GmbH deutlich zeigt, worin ihr Geschäftsfeld besteht (jahrelange Erfahrungen sollten schwerlich vorzuweisen sein ;-)) gab ja schon das verpatzte Relaunch im vergangenen Frühjahr. Inzwischen ist nicht zu übersehen, dass die Seite ihre eigentliche Funktion, Informationsportal für Bürger und Gäste der Stadt zu sein, hinter dem Ziel, maximale Gewinne über Werbeeinnahmen zu generieren, zurückstellt. Soweit so unschön: dass dies nicht einmal mit der nötigen Professionalität geschieht, ist umso unerfreulicher.
Hat da die Bürgerschaft
Hat da die Bürgerschaft wieder geschlafen? Warum wurde der Vorgang nicht weiter untersucht? Das wäre wieder ein Fall für Transparency International. Bin dankbar für weitere Info.
Gruß Benno
Spontane SelbstheilungAm
Spontane Selbstheilung
Am Freitag morgens, also nur 10 Stunden nach dem Versand meiner E-Mail an die Betreiber-Firma (rostock.de Betreibergesellschaft mbH) und den Webseiten-Verantwortlichen der Stadt (dieser ist nicht für die Gestaltung der Seite, sondern nur für die Domain an sich verantwortlich), erhielt ich von letzterem eine kurze Mitteilung, in der sich der sẗadtische Angestellte für den Hinweis bedankte und die Behebung des Problems in naher Zukunft ankündigte.
Von der Betreiber-Firma, die für das Problem verantwortlich ist, hörte ich dagegen nichts. Also habe ich heute neugierigerweise einfach mal nachgeschaut, ob die Datenschutzerklärung von rostock.de immer noch fehlerhaft ist. Und - oh Wunder - nun wurde die Formulierung bezüglich der Speicherung für statistische Zwecke der Realität angepasst. Außerdem ist nun auch der für Google Analytics notwendige Textbaustein enthalten.
Diese geisterhafte Korrektur wirkt etwas befremdlich auf mich, zumal ich in meiner E-Mail auch die Löschung der über mich unrechtmäßig gespeicherten Daten, sowie eine öffentliche Erklärung zur unzulässigen Erfassung und Weiterleitung der persönlichen Daten aller Besucher der Rostocker Portalseite verlangte. Dazu habe ich heute erneut bei der Betreiber-Firma nachgehakt.
Die Kommunikationsunwilligkeit der Betreiber-Firma deutet auf den Willen hin, die Sache unter den Teppich zu kehren. Dies verstärkt meinen Eindruck der mangelnden Professionalität der von der Stadt beauftragten Betreiber-Firma.
PS: ich habe den Stand der Datenschutzerklärung vor dem Versand meiner E-Mail und am heutigen Tag heruntergeladen, um das Problem zu dokumentieren. Die dazugehörigen Bildschirmfotos findest du in meinem Blog.